Welche Nachteile soll es denn geben, wenn ein Handwerksbetrieb Frauen beschäftigt? Als erstes wird häufig die geringere Körperkraft aufgeführt. Das ist auch aus meiner Sicht ein Aspekt, der nicht von der Hand zu weisen ist: Es gibt nun mal unter Frauen einen größeren Anteil an zierlicheren Personen. Aber, Kollegen: Ist unser Alltag wirklich noch so eine Knochenarbeit? Fahren wir nicht alles, was zu schwer ist, auf Plattenwagen und Rolltischen? Die Momente, wo es wirklich darauf ankommt, die 65er Blockware mit reiner Muskelkraft auf Böcke zu hieven sind doch eher selten, und da springt einem etwas schwächeren Mitarbeiter, ob Frau oder Mann, auch mal der oder die Stärkere bei.

Und die berühmte "Zweite Toilette für Frauen"? Gibts die Regel denn überhaupt? Nein. Es gab sie - allerdings auch nicht so, wie sie immer vorgewandt wurde. Ein Betrieb musste bis in die Achtziger dann getrennte Sanitärräume vorweisen, wenn er mehr als fünf Mitarbeiter unterschiedlichen Geschlechtes hatte, Auszubildende nicht mit eingerechnet. Heute heißt es lapidar im Gesetz: "Die getrennte Nutzung der Sanitärräume muss möglich sein" - also: Schloss auf die Klotür (hast Du nicht?), fertig.

Aber die Mädels bringen mir doch die ganze Belegschaft durcheinander! Die Jungs können sich doch gar nicht mehr aufs Arbeiten konzentrieren! - So? Wie kommen diese Wesen denn sonst so durch ihren Alltag, wenn der Anblick einer Frau sie so verstört, bei Kundenterminen etwa? Sicher wird ein Neuling im Betrieb Aufmerksamkeit erwecken, und sicher erstaunt eine Frau im Handwerk immer noch viele männliche Handwerker. Aber wie jedes Erstaunen wird auch dieses sich sehr sehr schnell wieder legen, und nach wenigen Tagen ist es vollkommen selbstverständlich für jeden im Betrieb, dass an diesem Arbeitsplatz eine Frau steht. Dann sind wir es, denen es merkwürdig vorkommt, dass der Kurierfahrer, dieser Kunde oder jener Besucher unserer Werkstatt vor Staunen stehen bleibt, weil er eine Frau sieht. Ist doch eigentlich ganz normal!

Krankenstand? Nun aber! Der ist bei Frauen nicht anders als bei Männern. Oder wie sonst sollten Betriebe in "Frauenberufen" wirtschaftlich überleben können? Mutterschaft - das kann natürlich je nach Betrieb ein Problem werden. Zwar sind auch hier die Pflichten für Kleinbetriebe nicht so gravierend wie für größere Firmen. Trotzdem sind Ausfall- und Fortzahlungszeiten, das darf man nicht leugnen, eine Belastung. Gerade in Tischlereien unterliegen Frauen sofort ab Bekanntwerden einer Schwangerschaft einem Beschäftigungsverbot. Immerhin übernimmt die Umlage U2 einen großen Teil der Kosten (angeblich 100%, faktisch etwa 96 %).

Welche Vorteile hat es dann aber, Frauen zu beschäftigen? Das ist weniger deutlich zu benennen. Am offensichtlichsten noch ist die größere Geduld, die manche Frauen bei kniffligen Problemen aufbringen können. Zur Zeit stellen bei unseren Gesellenprüfungen die Frauen regelmäßig ein Drittel der besten Absolventen, obwohl die Frauenquote insgesamt nur zwischen 7 und 10 % liegt - es gehört halt sehr viel Ehrgeiz dazu, sich als Frau bei uns Tischlern durchzubeißen, das schlägt sich dann auch in den Ergebnissen nieder. Und gute Absolventen waren vorher klasse Lehrlinge - und sind nachher Spitzen-Gesellinnen!

Ein großer Teil der Veränderungen ist aber auch atmosphärischer Art: Der Umgang im Betrieb, im Pausenraum und unterwegs wird kommunikativer. Im Team mit einer Frau bei Kunden zu erscheinen ergibt fast immer ein besseres Klima. Immerhin sind 75% der Ansprechpartner im Privatkundensektor Frauen, und die reagieren meist sehr positiv auf Frauen im Handwerk. Obwohl es auch hier Ausnahmen gibt: Die Hausfrau, die zwar euphorisch auf eine den Meister begleitende Gesellin reagiert, ihr aber fachlich weniger zutraut als dem gleichzeitig arbeitenden männlichen Auszubildenden, das gibts gar nicht so selten!



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